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1. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 135

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
135 2. Der Mensch ward Richter. „Noch ein Wort," rief ihm der majestä- tische Löwe zu, „bevor du den Ausspruch tust! Nach welcher Regel, Mensch, wirst du unsern Wert bestimmen?" „Nach welcher Regel? Nach dem Grade ohne Zweifel," antwortete der Mensch, „in welchem ihr mir mehr oder weniger nützlich seid." „Vortrefflich!" versetzte der beleidigte Löwe. „Wie weit würde ich als- dann unter den Esel zu stehen kommen! Du kannst unser Richter nicht sein, Mensch! Verlaß die Versammlung!" 3. Der Mensch entfernte sich. „Nun," sprach der höhnische Maulwurf, und ihm stimmte der Hamster und der Igel wieder bei, „siehst du, Pferd, der Löwe meint es auch, daß der Mensch unser Richter nicht sein kann! Der Löwe denkt wie wir." „Aber aus bessern Gründen als ihr!" sagte der Löwe und warf ihnen einen verächtlichen Blick zu 4. Der Löwe fuhr weiter fort: „Der Rangstreit, wenn ich es recht über- lege, ist ein nichtswürdiger Streit! Haltet mich für den Vornehmsten oder für den Geringsten, es gilt mir gleich viel. Genug, ich kenne mich!" Und so ging er aus der Versammlung. Ihm folgte der weise Elefant, der kühne Tiger, der ernsthafte Bär, der kluge Fuchs, das edle Pferd, kurz alle, die ihren Wert fühlten oder zu fühlen glaubten. Die sich am letzten wegbegaben und über die zerrissene Versammlung am meisten murrten, waren — der Affe und der Esel. Gotthold Ephraim Lessing. 107. Der Wolf auf dem Totenbette. Der Wolf lag in den letzten Zügen und schickte einen prüfenden Blick auf sein vergangenes Leben zurück. „Ich bin freilich ein Sünder" sagte er, „aber doch, ich hoffe, keiner von den größten. Ich habe Böses getan, aber auch viel Gutes. Einsmals, erinnere ich mich, kam mir ein blökendes Lamm, das sich von der Herde verirrt hatte, so nahe, daß ich es gar leicht hätte würgen können, und ich tat ihm nichts. Zu eben dieser Zeit hörte ich die Spöttereien und Schmähungen eines Schafes mit der bewunderungswürdigsten Gleichgültigkeit an, ob ich schon keine schützenden Hunde zu fürchten hatte." „Und das alles kann ich dir bezeugen," fiel ihm Freund Fuchs, der ihn zum Tode bereiten half, ins Wort. „Denn ich erinnere mich noch gar wohl an die Umstände dabei. Es war zu eben der Zeit, als du dich an dem Beine so jämmerlich würgtest, das dir der gutherzige Kranich hernach aus dem Schlunde zog." Gotthold Ephraim Lessing.

2. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 132

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
132 „Ja,“ sagte die Wachtel, „nun ist’s an der Zeit; macht schnell euch, ihr Kinder, zum Abzug bereit! Wer Nachbarn und Vettern die Arbeit vertraut, dem wird nur ein Schloß in die Luft gebaut; doch unter dem Streben der eigenen Hand erblüht ihm des Werkes vollendeter Stand.“ Die Wachtel entfloh mit den Kleinen geschwind, und über die Stoppeln ging tags drauf der Wind. Ernst Langbein. 101. Gesellschaft mit dem Löwen. Es gesellten sich ein Rind, eine Ziege und ein Schaf zum Löwen und zogen miteinander auf die Jagd in einen Forst. Als sie nun einen Hirsch gefangen und in vier Teile gleich geteilet hatten, sprach der Löwe: „Ihr wisset, daß ein Teil mein ist als eures Gesellen; das andere gebühret mir als einem Könige unter den Tieren; das dritte will ich haben darum, daß ich stärker bin und mehr darnach gelaufen und gearbeitet habe denn ihr alle drei; wer aber das vierte haben will, der muß mir’s mit Gewalt nehmen.“ Also mußten die drei für ihre Mühe das Nachsehen und den Schaden zum Lohne haben. Martin Luther. 102. Line Begegnung. Der Hochmut ging eines schönen Tages spazieren. Tr trug eine Jerone aus Seifenblasen auf dem T^opf, und sie schillerten bunt und prächtig im Sonnenschein. An seinem purpurfarbigen Gewände hingen zahllose, vergoldete Glaskugeln; die Plattfüße hatte er in Schuhe mit ungeheuern packen gesteckt und schritt auf ihnen so majestätisch einher wie ein hölzerner J^önig in der Puppenkomödie. Sein breites Gesicht strahlte von Selbstzufriedenheit, seine roten, fingerdicken Lippen waren verächtlich verzogen; aus halbgeschlossenen Lidern blickte er um sich, als ob nichts da wäre, der Mühe wert, ihm einen ganzen Blick zu gönnen. Da kam ein Wesen ihm entgegen, bei dessen Erscheinen er stutzte. Ein Wesen von schlichtem Aussehen; bescheiden sein Gang, seine Haltung, seine Gebärde; schön sein Angesicht, aus dem ein edler Ernst und tief- innerlichster Frieden sich malten. „Weiche mir aus!" rief der Hochmut ihm zu. „Gern," erwiderte der andre lächelnd und gab Baum. Dennoch fühlte der Hochmut sich verletzt: „Du lächelst? Wie darfst du es wagen, zu lächeln in meiner Gegenwart?" schnaubte er und warf sich wütend auf den Beleidiger.

3. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 133

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
133 Dieser wehrte ihn nicht ab, regte sich nicht einmal, stand nur ruhig und fest. Der Hochmut aber stürzte zur Erde, und alle seine Seifen- blasen zerplatzten, und alle seine Glaskugeln lagen in Scherben — er war an das Verdienst angerannt. Marie v. Ebner-Eschen dach. 103. Guter Rat. Ein Marder fraß die Hühner gern, doch wußt' er nicht, wie sie erhaschen; er fragt den Fuchs, 'nen alten Herrn, dem Steifheit schon verbot das Naschen. Der sagt ihm: „Freund, der Rat ist alt, was hilft zu zögern? brauch Gewalt!" Der Marder stürmt in vollem Lauf, die Hühner aber flattern auf, die einen gackernd, kreischend jene, gerade in des Fuchses Zähne, der gegenüber lauernd lag und mühlos hielt den Erntetag. Wenn du nach Hühnern lüstern bist, frag keinen, der sie selbst gern frißt! Franz Grillparzer. 104. Zeus und das Schaf. Das Schaf mußte von allen Tieren vieles leiden. Da trat es vor Zeus und bat, sein Elend zu mindern. Zeus schien willig und sprach zu dem Schafe: ,^Jch sehe wohl, mein frommes Geschöpf, ich habe dich allzu wehrlos erschaffen Nun wähle, wie ich diesem Fehler am besten abhelfen soll! Soll ich deinen Mlind mit schrecklichen Zähnen und deine Füße mit Krallen rüsten?" „O nein," sagte das Schaf; „ich will nichts mit den reißenden Tieren gemein haben." „Oder", fuhr Zeus fort, „soll ich Gift in deinen Speichel legen?" „Ach," versetzte das Schaf, „die giftigen Schlangen werden ja so sehr gehaffet!" — „Nun, was soll ich denn? Ich will Hörner auf deine Stirn pflanzen und Stärke deinem Nacken geben." — „Auch nicht, gütiger Vater, ich könnte so leicht stößig werden wie der Bock." — „Und gleichwohl," sprach Zeus, „mußt du selbst schaden können, wenn sich andere, dir zu schaden, hüten sollen." — „Müßt' ich das?" seufzte das Schaf. „O, so laß mich, gütiger Vater, wie ich bin! Denn das Ver- mögen, schaden zu können, erweckt, fürchte ich, die Lust, schaden zu wollen, und es ist besser, unrecht leiden als unrecht tun." Zeus segnete das fromme Schaf, und es vergaß von Stund' an zu klagen. Gotthold Ephraim Lessing.

4. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 220

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
220 155* Schutzfarbe und Schutzform in der Natur. 1. Wo immer wir lebende Wesen betrachten, da stoßen wir auf eine höchst auffällige Tatsache. Mit einem kurzen und sehr treffenden Wort bezeichnet man sie als Anpassung. Besonders im Tierreich kann sofort jedem Kinde schon eine Fülle der Dinge, die man darunter versteht, klar gemacht werden Überall zeigt sich, daß Tiere genau dieselbe Farbe haben wie der Ort, auf dem sie gewöhnlich leben. Sie sind in ihrer Farbe ihrem Aufenthaltsort „angepaßt". Hier steht ein Baum. Die Blätter dieses Baumes sind grün. Auf diesen grünen Blättern leben eine ganze Anzahl kleinerer Tiere — und es ist wirklich in jedem Betracht auffällig, wie auch unter diesen die grüne Farbe vorherrscht. Da sitzt ein Laubfrosch. Er ist ganz genau so grün wie das Blatt, auf dem er sitzt, und man muß schon recht scharf hin- schauen, um den grünen Kerl überhaupt auf der griinen Unterlage zu erkennen. Auf demselben Baume nagt aber an einem andern Blatt eine fette Raupe, und die ist ebenfalls grasgrün. Und nicht weit davon kriecht eine Blattwanze, wie sie grüner gar nicht gedacht werden kann. Im grünen Grase unter dem Baume hüpfen grasgrüne Heuschrecken Ein glänzend grüner Laufkäfer drängt sich zwischen die grünen Halme. In der Nähe fließt ein Wasser, umsäumt von grünem Schilf. Dort ist das Versteck grüner Teichfrösche. Eine alte Blauer, mit Moos bewachsen, liegt dahinter Über das grüne Moos huschen grüne Eidechsen. Jeder dieser Fälle ist eine wunderschöne Anpassung, hier an Grün Anderswo ist eine andere Farbe die herrschende: Auf braunen Stoppeln, braunen Ackerfurchen, gelbbraunem Sande ist das Kaninchen braun, der Hase braun, das Rebhuhn braun, die Lerche braun, der Sandkäfer braun. Rotbraun zwischen rotbraunen Baumstämmen des Waldes ist der Fuchs, der Edelhirsch, das Reh, das Eichhörnchen. Im hohen Norden, wo immer blendend weißer Schnee liegt, lebt der schneeweiße Eisbär, der weiße Schneehase, die weiße Möwe, die weiße Schneeeule. Bei uns zu Lande wird das Hermelin, das im Sommer braunrot ist, weiß, sobald der Winter mit seinem Schnee kommt. Geht man nach Süden, in die Wüste Afrikas, wo der Boden fast gelb ist, so sind auf einmal alle Tiere gelb: gelb der Löwe, gelb die Heuschrecken, gelb der Skorpion, gelb die Schlangen, gelbbraun das Kamel. Im tropischen Urwald mit seinen prächtigen, goldgrünen Blättern und bunten Blüten hausen die herrlichen Papageien, teils ebenso schön grün, teils wetteifernd mit den Blumen in der grellsten Buntheit. Zu Tausenden drängen sich die Beispiele überall. Ich habe jetzt bloß von der Farbe gesprochen. Ganz Ähnliches gilt

5. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 129

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
Iii. Fabeln. 96. Der Wolf und der Schäfer. Ein Schäfer hatte durch eine grausame Seuche seine ganze Herde verloren. Das erfuhr der Wolf und kam, seine Kondolenz abzustatten. „Schäfer,“ sprach er, „ist es wahr, daß dich ein so grausames Unglück betroffen? Du bist um deine ganze Herde gekommen? Die liebe, fromme, fette Herde! Du dauerst mich, und ich möchte blutige Tränen weinen.“ „Habe Dank, Meister Isegrim!“ versetzte der Schäfer. „Ich sehe, du hast ein sehr mitleidiges Herz.“ „Das hat er auch wirklich,“ fügte des Schäfers Hylax hinzu, „sooft er unter dem Unglücke seines Nächsten selbst leidet.“ Qotthold Ephraim Lessing. 97. Vom Raben und Fuchse. Ein Rabe Hatte einen Käse gestohlen und setzte sich auf einen Baum und wollte zehren. Da er aber seiner Art nach nicht schweigen kann, wenn er ißt, hörte ihn ein Fuchs über dem Käse kecken und lief zu und sprach: „O Rab', nun hab' ich mein Lebtag nicht einen schöneren Vogel gesehen von Federn und Gestalt, denn du bist. Und wenn du auch eine so schöne Stimme hättest, zu singen, so sollte man dich zum Könige krönen über alle Vögel." Den Raben kitzelte solch Lob und Schmeicheln, fing an und wollte seinen schönen Gesang hören lassen. Als er aber den Schnabel auftat, entfiel ihm der Käse. Den nahm der Fuchs behend, fraß ihn und lachte des törichten Raben. Martin Luther. 98. Die Zonne und die Tiere. „£> Sonne, scheine nicht so heiß! Ich muß vor Mattigkeit und Schweiß bei meiner Arbeit fast erliegen." So rief der Ssel. Dietleins Deunches Lesebuch Ausg. D. Teil Iii s. Aufl. 9

6. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 134

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
134 106. Zrus und das Pferd. „Vater der Tiere und Menschen," so sprach das Pferd und nahte sich dem Throne des Zeus, „man will, ich sei eines der schönsten Geschöpfe, womit du die Welt gezieret, und meine Eigenliebe heißt es mich glauben. Aber sollte gleichwohl nicht noch verschiedenes an mir zu bessern sein?" „Und was meinst du denn, das an dir zu bessern sei? Rede, ich nehme Lehre an!" sprach der gute Gott und lächelte „Vielleicht," sprach das Pferd weiter, „würde ich flüchtiger sein, wenn meine Beine höher und schmächtiger wären; ein langer Schwanenhals würde mich nicht entstellen; eine breitere Brust würde meine Stärke ver- mehren; und da du mich doch einmal bestimmt hast, deinen Liebling, den Menschen, zu tragen, so könnte mir ja wohl ein Sattel anerschaffen sein, den mir der wohltätige Reiter auferlegt." „Gut," versetzte Zeus, „gedulde dich einen Augenblick!" Zeus, mit ernstem Gesichte, sprach das Wort der Schöpfung. Da quoll Leben in den Staub, und plötzlich stand vor dem Throne — das häßliche Kamel. Das Pferd sah, schauderte und zitterte vor entsetzendem Abscheu. ,Hier sind höhere und schmächtigere Beine," sprach Zeus; „hier ist ein langer Schwanenhals; hier ist eine breitere Brust; hier ist der aner- schaffene Sattel! Willst du, Pferd, daß ich dich so umbilden soll?" Das Pferd zitierte noch. „Geh," fuhr Zeus fort, „dieses Mal sei belehrt, ohne bestraft zu werden. Dich deiner Vermessenheit aber dann und wann reuend zu er- innern, so daure du fort, neues Geschöpf," — Zeus warf einen erhaltenden Blick auf das Kamel — „und das Pferd erblicke dich nie, ohne zu schaudern." Gotthold Ephraim Lessing. 106. Drr Rangstreit der Tiere. 1. Es entstand ein hitziger Rangstreit unter den Tieren. Ihn zu schlichten, sprach das Pferd: fasset uns den Menschen zu Rate ziehend- er ist keiner von den streitenden Teilen und kann desto unparteiischer sein." „Aber hat er auch den Verstand dazu?" ließ sich ein Maulwurf hören „Er braucht wirklich den allerfeinsten, unsere oft tief versteckten Vollkommen- heiten zu erkennen." „Das war sehr weislich erinnert!" sprach der Hamster. jawohl!" rief auch der Igel. „Ich glaub' es nimmermehr, daß der Mensch Scharfsichtigkeil genug besitzt." „Schweigt ihr!" befahl das Pferd. „Wir wissen es schon: wer sich auf die Güte seiner Sache am wenigsten zu verlassen hat, ist immer am fertigsten, die Einsicht seines Richters in Zweifel zu ziehen"

7. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 412

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
412 durch die ganze Bahn; dieser schwingt sich über die Schranke, welche unter dem Stoß der Hörner des Stieres erbebt. Wie verdutzt steht der nun da, nachdem sein Gegner verschwunden ist. 2. Alsbald stellt sich ihm ein zweiter Pikador dar, welcher dasselbe Schicksal hat wie sein Vorgänger. Ehe noch die Chulos zu Hilft kommen können, versetzt der Stier dem an der Erde zappelnden Pferde einen zweiten Stoß und trägt es hoch empor durch die halbe Bahn. Dem dritten Pferd riß der Stier im Nu den ganzen Leib auf, so daß das unglückliche Tier in seine Gedärme trat. Und in diesem Zustande wurde es durch Sporen und Schläge angetrieben und mußte noch einen zweiten Angriff der wilden Bestie aushalten. Natürlich erhielt der Stier jedes- mal einen furchtbaren Stoß von der spitzen Lanze in die linke Schulter, er verweigerte den ferneren Angriff der Reiter, und nun mußten die Banderillos heran. Dies sind Fußgänger, die in jeder Hand einen sechs Dezimeter langen Pfeil tragen, dessen Spitze mit Widerhaken ver- sehen ist, und welcher am entgegengesetzten Ende Fähnchen, Rauschgold und selbst kleine Vogelbauer hat, aus denen die Vögel, mit bunten Bän- dern geziert, entfliehen. Mit diesen Pfeilen gehen sie geradeswegs auf den Stier los. In demselben Augenblick, wo dieser ausholt, springen sie seitwärts und stoßen ihm ihre Pfeile zwischen Ohren und Hörnern ins Genick. Jetzt wird das Tier vollends rasend und toll. Oft treibt es eine ganze Schar von flüchtigen Chulos über die Schranke, wobei sie laut verhöhnt werden. Einmal saß der Stier selbst quer auf dem oberen Rande dieses Bollwerks, und es kommt zuweilen vor, daß er hinüberge- langt. Einer der Chulos hatte die Keckheit, den farbigen Mantel um- zuhängen, so daß der Angriff des Stieres nun direkt auf ihn gerichtet war. In dem Moment, wo jener den Kopf senkte und mit geschlossenen Augen vorstürzte, sprang er über ihn fort und kam neben ihm zu stehen. Wenn nun endlich die Wut des Tieres aufs höchste gesteigert, seine Kraft aber schon im Schwinden ist, so tritt der Matador ihm ganz allein gegenüber. Jetzt entsteht die größte Stille und Aufmerksamkeit; denn dies Beginnen ist bei weitem das gefährlichste. Der Matador, ein schöner Mann in Schuhen, weißen Strümpfen, hellblauer, seidener Jacke und Bein- kleidern, ein Netz über das Haar geflochten, führt in der Linken ein scharlachrotes Mäntelchen, in der Rechten eine meterlange, vierschneidige Toledoklinge. Die muß dem Stier an einem ganz bestimmten Punkte in den Nacken gestoßen werden. Trifft der Degen eine andere Stelle, so schleudert das Tier ihn wieder heraus oder zersplittert ihn. Um aber den rechten Punkt zu treffen, handelt es sich um sechs, höchstens acht Zenti- meter, in welcher Entfernung das Tier an dem Menschen vorbeistoßen muß. Alles ist darauf berechnet, daß der Stier jedesmal lieber nach dem

8. Für das sechste und siebente Schuljahr - S. 433

1915 - Leipzig [u.a.] : B. G. Teubner (Theodor Hofmann)
433 Waldvögel des gemäßigten Europas. Doch die Natur schenkt Ersatz, wo solcher vonnöten ist. Um das Kaspische Meer und an den Ufern der Wolga schleicht der kleine, gefleckte, mordgierige Wüstenluchs. In den Flüssen taucht der Otter, und unter dem Gesträuch an den Flußufern schleicht der Iltis. In den Sandbänken der Flußbetten, im Schutz der Mandel- und Distelgebüsche, hat der Fuchs seine Baue. Wenn der Abend dunkelt, schleicht er auf die Steppe hinaus, trabt be- dächtig dahin, bleibt unbeweglich stehen bei dem Piepsen einer Steppenmaus, sucht vergeblich den abendlichen Lauten eines halb- erwachsenen Hasen zu folgen und entdeckt endlich im Röhricht des Teiches eine unvorsichtige Wildente, die schlaftrunken im Riedgras ruht. Doch, was vermag dieses Raubtier gegen den Wolf — den großen Polizeimeister der Steppei Er verhindert die allzu starke Zunahme der Tiere, er besorgt das Reinigungswesen im großen und beseitigt die Kadaver, welche durch die Gewalt des Schnee- sturmes oder durch die verheerende Rinderpest entstanden sind. Von seinen unzugänglichen Schlupfwinkeln in den Sümpfen geht er auf die Jagd nach dem verirrten Steppenpferd, der schnellen Steppenantilope oder der ruhenden Schafherde. Wenn der Winter die Steppe in ein weißes Gewand kleidet, wenn Sümpfe und Flüsse sich mit Eis bedecken, dann legt er sich in dichten Ge- büschen nieder oder rollt sich auf den niedergetretenen Schilf- bündeln der Sümpfe zusammen. Stimmt der nächtliche Schnee- sturm sein Brausen an, so tritt der Wolf hinaus auf die Steppe. Sein Geheul übertönt das Brausen und wird von anderen Wölfen beantwortet. Bald ist das Rudel versammelt. Nun traben sie, ein jeder in den Fußstapfen des andern, über die Steppe hinab nach dem Flußtale und der Kosakenstanitza. Wehe dem irrenden Wanderer, wehe der zerstreuten Schafherde des Nomaden oder dem wachsamen Hund des Kosaken! Die frechen Räuber werfen sich auf das Opfer, sprengen unerschrocken durch die Gasse des Kosakendorfes, schleichen dicht in die Nähe des Kirgisenauls und morden schonungslos, wo Gelegenheit dazu vorhanden ist. Auf der aussichtsreichen Hochsteppe hält sich die einzige Antilopenart Europas, das spitzhörnige „Saiga“ mit der gewölbten, beweglichen Nase auf. In Scharen von zuweilen hundert Tieren weidet es; wachsam, spähend und schnellfüßig überlistet es oft den Jäger und seine schnelle Windhundkoppel. Das „Tarpa“, das kleine, unbändige, wilde Pferd streift in kleinen atctleins Deutsches Lesebuch. Ausg. v. Teil Hl. 3. Aufl. 28
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